Oder: Die Reichen sind die Last der Erde – global wie national.
von Herbert Hahner
Hauptthema in allen unseren Medien ist neben der Corona-Pandemie die Klimakrise. Die Erde hat Fieber und die Schübe werden immer heftiger: Dürren, Missernten und Waldbrände sind äußerlich erkennbare Folgen. Was in den hitzigen und emotionalisierten Klimadebatten aber oft untergeht, ist Frage nach der sozialen Gerechtigkeit. Wer verursacht den Klimawandel eigentlich? Ist es wirklich, wie oft gedankenlos unterstellt, „die Menschheit“, die den Planeten zerstört? Oder belasten bestimmte Gruppen die Umwelt stärker als andere? Wer leidet am meisten unter den Auswirkungen? Und wer kann sich am wenigsten wehren?
Fangen wir mit dem globalen Blick an.
Die EU ist nach China und den Vereinigten Staaten der drittgrößte Treibhausgasemittent, gefolgt von Indien und Russland. Leiden müssen aber vor allem die Länder der Peripherie, obwohl sie z. B. am Flugaufkommen, dem Mobilitätsbereich mit den am stärksten wachsenden Treibhaus-gasemissionen, nur marginal partizipieren. Es sind die ärmeren Länder, die von Hunger-katastrophen betroffen sind und in denen die Menschen sterben, wenn es zu Dürren oder Ernteausfällen kommt. Steigt der Meeresspiegel durch das Abschmelzen der Pole, verbessern wir den Küstenschutz, die Folgen für Bangladesch sehen wir in der Tagesschau. Illegal aus Europa eingeführter Elektroschrott lässt Teile von Accra (Ghana) zur Giftküche werden. Zur Behandlung der damit verbundenen Erkrankungen fehlen Geld und medizinisches Fachpersonal.
Und national?
Während Arme sich schlecht wehren können, wälzen Reichere die Last klimatischer Veränderungen auf andere ab. Und das gilt nicht nur für arme und reiche Staaten. Auch innerhalb von Staaten ist die Last der Klimakrise zwischen armen und reichen Menschen höchst ungleich verteilt.
Die Reichen
- beanspruchen den größeren Wohnraum,
- klimatisieren ihre Häuser,
- fahren die größeren Autos,
- nutzen weit überproportional das Flugzeug als Fortbewegungsmittel,
- leben länger und
- haben einen viel größeren Umsatz an Waren und Dienstleistungen.
Arme Menschen
verfügen schlicht über zu wenig Geld, um sich schwere Autos, große Wohnungen und häufige Flugreisen leisten zu können. Sie spüren die Folgen der Krise aber sehr deutlich: Wegfall von Arbeitsplätzen, Preissteigerungen, teure Energie usw. Da hilft auch die bewusstere Ernährung des gehobenen Bürgertums wenig. Bioprodukte aus Übersee haben gegenüber einheimischen Waren, zumal wenn diese saisongemäß eingekauft werden, die schlechtere Ökobilanz.
Fazit: Die Klimafrage ist eine soziale Frage
Für den Erfolg unserer Bemühungen um die Begrenzung des Klimawandels wird es von entscheidender Bedeutung sein, das Verursacherprinzip zu berücksichtigen. Wer große ökologische Fußabdrücke hinterlässt, muss auch verstärkt für die Eindämmung der Klimakrise „zahlen“. Einfach pauschal „die Menschheit“ als Verursacher zu nennen, hilft der Geldelite, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Wer die Ressourcen dieser Erde in überdurchschnittlichem Maße für sich in Anspruch nimmt, muss auch beim Klimaschutz verstärkt in die Pflicht genommen werden. Wir brauchen deshalb auch aus Gründen des Klimaschutzes ein sozial gerechtes Steuersystem, z. B. auch wieder eine Vermögenssteuer.
Ohne unseren Druck von unten werden die oberen 10 Prozent der Einkommenspyramide ihren Status nicht aufgeben. Die Reichen wollen nicht teilen. Die Eliten sind so „dermaßen überzeugt, dass es keine gemeinsame Zukunft für alle geben könne, dass sie beschlossen, sich schleunigst von der gesamten Last der Solidarität zu befreien.“ (Bruno Latour, französischer Philosoph, hier zitiert nach kontrast.at, Klimakrise, 06. August 2018).