Im letzten November zeigte die ARD den Film „Ökozid“. Manche fanden ihn extrem unrealistisch, meinten, die ARD mutiere zum radikalen Ökosender und überschritte damit eine rote Linie. Heute, nur knapp ein halbes Jahr später, holt das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz das Thema mitten in die Realität. Man sollte sich folgenden Satz aus der Urteilsbegründung mehrmals durchlesen: „Vorschriften, die jetzt Kohlendioxid-Emissionen zulassen, begründen eine unumkehrbar angelegte rechtliche Gefährdung künftiger Freiheit.“
Freiheitseinschränkungen bei der Corona-Bekämpfung wirken da eher wie Kinderkram. Machen wir die Geschäfte halt wieder auf. Wir können sie ja auch wieder schließen – was aber keiner ahnen konnte. Noch ein bisschen Ausgangsbeschränkung oder auch nicht.
Anders das BVerfG beim Klimaschutz. Da ist von „unumkehrbar angelegter rechtlicher Gefährdung künftiger Freiheit“ die Rede. Was wir heute versäumen, führt in Zukunft zu harten Einschnitten. Das Gericht bezieht sich bei seinem Urteil auf Artikel 20a des Grundgesetzes. Darin heißt es: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."
Bisher war man geneigt zu sagen, naja, ein schönes Beispiel für Verfassungslyrik. Seit heute steht fest, der Artikel ist so gemeint und er ist einklagbar.
Das wird nicht das letzte Urteil zum Klima bleiben.
Peter Neumann