Die EU auf dem Weg nach Rechts

Veröffentlicht am 21.04.2024 in Europa

Parteien der äußersten Rechten drohen bei der Europawahl
in neun EU-Staaten stärkste Kraft zu werden.

Vom 06. bis zum 09. Juli wird ein neues EU-Parlament gewählt. In neun EU-Staaten, Belgien, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn, könnten rechte Parteien zur stärksten Kraft werden bzw. sind es schon heute. In Italien (Meloni) und Ungarn (Orban) bestimmen sie die Regierungspolitik.

Sitzverteilung nach Fraktionen am 16. Februar 2023. Durch Wechsel von Abgeordneten ist es möglich, dass die Gesamtzahl nicht 705 beträgt.

Zwei der gegenwärtig sieben Fraktionen im EU-Parlament, ECR (Europäische Konservative und Reformisten) und ID (Identität und Demokratie), sind dem äußersten rechten Spektrum zuzuordnen. Bei der Fraktion ID beheimatet ist die AfD, die Lega aus Italien, Ressemblement National (Frankreich), die FPÖ und diverse Rechtsaußenparteien aus vier weiteren Ländern. PiS aus Polen, Fratelli d’Italia und Fidesz aus Ungarn führen das rechte Bündnis ECR an. Ein politisch einigendes Element dieser Gruppierungen ist ihre dezidiert EU-kritische Grundausrichtung.

Auf den ersten Blick mag es paradox erscheinen, dass dezidiert EU-kritische Parteien im EU-Parlament sitzen. Ihr Ziel ist die Schwächung der EU von innen bis hin zu ihrer Auflösung. Aus Sicht dieser Parteien hat die EU keine Zukunft. Eine direkte Auflösung der EU wird allerdings kaum mehr öffentlich gefordert, die nationalistische Prägung ihrer Politik verbirgt sich inzwischen hinter Schlagwörtern wie „Souveränität und Identität der Europäischen Nationen und Völker“, „Europa der Vaterländer" oder "Europa der Nationen". Letztendlich geht es ihnen aber immer um ein Zurückentwickeln der EU auf die Ebene homogener Nationalstaaten.

Nun ist es nicht unbedingt wahrscheinlich, dass die rechten Fraktionen gleich die absolute Mehrheit der Sitze im EU-Parlament erreichen. Aber bei einer Schwächung der konservativen EVP (auch epp genannt), der Grünen und der Sozialdemokraten (S&D) wird eine Mehrheitsfindung immer schwieriger und eine kontinuierliche EU-Politik nahezu unmöglich werden. Hinzu kommt, dass bei vielen Entscheidungen auch jetzt schon nationale Interessen das Abstimmungsverhalten stärker bestimmen als die Fraktionszugehörigkeit.

Das politische Klima im Europaparlament wird nach rechts abdriften. Bei Fragen der Flüchtlingspolitik, der inneren Sicherheit, dem Klimaschutz, sozialer Gerechtigkeit, der Unterstützung der Ukraine usw. wird mit steigendem Einfluss der Rechtsaußenparteien eine massive Verschiebung der Schwerpunkte erfolgen. Weitere Beispiele für rechte Angriffsflächen sind die Öffnung der zwischenstaatlichen Grenzen durch das Schengen-Abkommen, der Euro als gemeinsame Währung oder auch die Landwirtschaft.

Entscheiden werden die Wählerinnen und Wähler. Sie bestimmen darüber, ob die EU sich weiter festigt und im Spiel der Weltmächte einen angemessenen Platz behaupten kann oder ob sie sich in Richtung kleiner, schwacher Nationalstaaten zurück entwickelt. Zurück in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Nur: Im Vergleich zu China, Indien, USA, Russland sind die europäischen Nationalstaaten bestenfalls Federgewichte.

 
 

Kommentare

Die Emailadresse wird nicht veröffentlicht.

Die Trackback-URL ist die Adresse dieser Seite.

Kommentar eingeben


Speichern

Keine Kommentare vorhanden

Folge uns auf

           

Counter

Besucher:2586869
Heute:222
Online:5

Nachrichten über Eching hinaus

14.05.2024 19:47 Dagmar Schmidt zum Mindestlohn
Unser Land ist kein Billiglohnland Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns ausgesprochen. Richtig so, sagt SPD-Fraktionsvizin Dagmar Schmidt. Gerade jetzt sei es wichtig, soziale Sicherheit zu festigen. „Der Vorstoß des Kanzlers zur Erhöhung des Mindestlohns ist absolut richtig. Denn die Anpassung des Mindestlohns in diesem und im nächsten Jahr ist… Dagmar Schmidt zum Mindestlohn weiterlesen

13.05.2024 19:48 Mast/Wiese zum AfD-Urteil des OVG Münster
AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall bestätigt Das OVG Münster hat entschieden: Die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz ist rechtmäßig. Eine klare Botschaft für den Schutz unserer Demokratie und ein Beleg für die Wirksamkeit unseres Rechtsstaats. „Das OVG Münster hat klar und unmissverständlich die Einstufung der AfD als Verdachtsfall durch das… Mast/Wiese zum AfD-Urteil des OVG Münster weiterlesen

06.05.2024 16:57 Medienkommission der SPD – Verstöße gegen den Digital Services Act zeitnah und effektiv ahnden
Im Februar 2024 ist der europäische Digital Services Act vollständig in Kraft getreten. Die Medienkommission des SPD-Parteivorstandes setzt sich für eine wirksame Umsetzung ein. Heike Raab und Carsten Brosda erklären nach ihrer Sitzung am 06. Mai 2024 dazu: „Mit dem europäischen Digital Services Act (DSA) sollen Sicherheit und Transparenz im digitale Raum verbessert werden.  Dazu… Medienkommission der SPD – Verstöße gegen den Digital Services Act zeitnah und effektiv ahnden weiterlesen

04.05.2024 21:14 Helge Lindh zum Tag der Pressefreiheit
Pressefreiheit unter Druck Die Pressefreiheit ist ein wichtiger Baustein unserer Demokratie. Der internationale Tag der Pressefreiheit macht auf die aktuellen Missstände und Bedrohung auf unabhängigem Journalismus weltweit aufmerksam. Auch hierzulande müssen wir Pressevertreter:innen wirksam schützen, sagt Helge Lindh. „Die freie Berichterstattung ist ein Eckpfeiler unserer Demokratie und ein unveräußerliches Grundrecht – nicht nur am Tag… Helge Lindh zum Tag der Pressefreiheit weiterlesen

25.04.2024 07:25 Präsentation der Europawahl-Kampagne mit Katarina Barley und Kevin Kühnert
Die Spitzenkandidatin Katarina Barley stellt gemeinsam mit Generalsekretär Kevin Kühnert die Europawahl-Kampagne der SPD vor. Neben den inhaltlichen Schwerpunkten stehen die Plakatmotive im Fokus der Kampagnenpräsentation. Die Präsentation findet statt am Donnerstag, den 25. April 2024 ab 14:30 Uhr Sei Live dabei: https://www.youtube.com/watch?v=RKixH1Am-GA

Ein Service von info.websozis.de